Freiheit, Offenheit, Neugier und Verspieltheit

Eveline Umiker  erzählt über ihre Erfahrungen und was ihr das gemeinsam Musizieren bedeutet.

Was bedeutet mir Music for People (MfP): Nach der Methode von MfP zu improvisieren, bedeutet für mich Freiheit, Offenheit, Neugier und Verspieltheit. Keinen festgelegten Noten folgen zu müssen ist für mich befreiend und erlaubt mir, selber Schöpferin zu sein und meine Impulse immer wieder auf neue Art auszudrücken. So bleibt für mich die Musik spannend und frisch. Ohne klare «Vor-Stellungen» oder «Vor-Urteile» an die Musik heranzugehen, es eher wie ein abenteuerliches Spiel zu sehen, weckt in mir Lebensfreude und öffnet meinen Horizont. Plötzlich höre ich in meinem Alltag die Geräusche um mich herum anders. Ich horche auf den Brummton eines Autos oder lausche fasziniert dem Rhythmus des tropfenden Wasserhahns. Beim Frühstücken klopfe ich einen Takt auf meine Teetasse oder gehe mal steppend über die Brücke zu meinem Arbeitsort. „Return to child“, diesen Titel eines Lehrmittels von MfP finde ich sehr passend.

Mit anderen gemeinsam zu improvisieren, empfinde ich als grosse Bereicherung. Es erinnert mich an Gespräche unter Freunden: Jemand gibt den Ton an, andere stimmen ein, die einen sind still und noch jemand gibt Kontra. Ich erfahre mich selber in all diesen Rollen und kann mich frei ausprobieren. Diese Erfahrung hilft mir, selber flexibler in der Kommunikation mit meinen Mitmenschen zu sein.

Das Improvisieren ist ein Weg für mich, in den Moment zu kommen. Ich werde präsenter und achtsamer gegenüber mir, meiner Umgebung und den Mitmenschen. Es erinnert mich an die Qualität des Meditierens, wo mein Verstand ruhiger wird und ich in etwas Grösserem aufgehen kann (numinous moments). Immer wieder verspüre ich Augenblicke der Stille und Glückseligkeit, die sich ganz natürlich einstellen.

 

Eveline Umiker
Eveline Umiker

Mein Bezug zur Musik: Als Kind und auch später nahm ich Klavierunterricht, doch das Üben nach Noten fand ich teilweise mühselig. Zur Auflockerung begann ich zwischendurch Melodien und Akkorde frei zu erfinden. Ich spürte, dass ich mich dabei entspannen konnte, dass die Musik frei floss und es mir eher wie ein Spiel als wie Arbeit vorkam. Dieses erste spontane Improvisieren geschah viele Jahre, bevor ich MfP kennenlernte.

In meiner Jugendzeit entdeckte ich meine Leidenschaft für das Singen. Zuerst sang ich in Schulchören, belegte an der Mittelschule Sologesang und fuhr damit auch nach der Matur fort. Der Unterricht fand im klassischen Bereich statt, etwas anderes gab es damals an den Schulen noch nicht. Doch mich zog die moderne Musik, die ich auch im Radio hörte, mehr an. So begann ich später bei einer Jazz-Sängerin Unterricht zu nehmen. Und da begegnete mir wieder die Improvisation. Beim Scat-Gesang wurden rhythmische und melodische Silbenfolgen ohne Wortbedeutung spontan aneinandergereiht. Auch die Song-Melodie durfte nach eigener Interpretation variiert werden.

Mein grosser Traum war es, in einer Band zu singen. Dieser Traum ging schliesslich in Erfüllung. Zusammen mit zwei Gitarristen gründeten wir das Jazz Art Trio und spielten Jazz-Standards und Pop-Songs vor Publikum. Ein Lied aus unserem Repertoire, welches mich besonders berührte, war «Anchorage» von Michelle Shocked. Sie sang eine eigene Geschichte, was den Song sehr persönlich und ausdrucksstark machte. Singer-Songwriter wie Suzanne Vega, Ulla Meinecke und der Cantautore Pippo Pollina waren Musiker, die mich inspirierten.

Mitte Zwanzig reiste ich viel in der Welt herum und mein Weg führte mich auch nach Indien. In einem indischen Ashram (Meditationszentrum) lernte ich die Welt der Meditation kennen und besuchte einen Workshop mit dem Titel: «Find your voice, sing your song». Dies war der Start, eigene Lieder zu machen. Erlebnisse und Themen, die mich berühren, sind Inspirationsquellen für meine Songs. Anfangs entstanden sie ohne viel Wissen aus der Improvisation mit Melodien, Rhythmen und Worten. Mit der Zeit lernte ich durch Unterricht und Selbststudium immer mehr über das Songwriting. Was jedoch immer wichtig geblieben ist, ist das Improvisieren, um auf neue Songideen zu kommen. Es entstanden mehrere Konzertprogramme, bei welchen ich die selber komponierten Lieder sang und mich am Klavier begleitete, teilweise zusammen mit anderen Musizierenden.

Als ich Mitte Dreissig war, stiess ich auf das «Musicianship and Leadership Program» von MfP und fühlte mich sofort angesprochen. Ich sah darin die Möglichkeit, meine Musikalität zu vertiefen und zu lernen, Improvisation in Gruppen anzuleiten.

Die Weiterentwicklung nach Abschluss der MfP-Ausbildung: Nach Abschluss meiner Ausbildung begann ich in der Region Zürich halbtägige Workshops anzubieten. Mit Freude beobachtete ich, wie sich die Teilnehmenden zunehmend freier ausdrückten, wie sich ihre Spielfreude ausweitete und sie Hemmungen loslassen konnten.

 

 

Konzert «vocal stories» 17.11.18 in Zürich

Eigenkompositionen und Jazzstandards

Eveline Umiker (Kompositionen, Gesang, Piano), Sidonia Weber (Schlagzeug), Christine Ruoff (Cello)

Konzertbeginn 20 Uhr, Abendkasse ab 19:30 Uhr, Eintritt: 20 Fr.

Voice and Music Academy, Kanonengasse 18, 8004 Zürich

Reservation: evelineum@gmx.ch

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Kommentare: 1
  • #1

    Anugrah (Mittwoch, 15 August 2018 01:30)

    Love you Eve, you are the best singer .. some day i will be back in swiss and hear your compositions

    Anugrah